LÖTEN – das filigranere Schmelzen

Weiße Spuren auf dem Werktisch sind ein zuverlässiger Hinweis auf verwendetes Boraxpulver. Meist in braunen Schraubfläschchen aufbewahrt, pinseln wir es nach seinem Verrühren mit etwas Wasser über unsere kleinen Kunstwerke, um ihr Oxidieren zu verhindern.
Giftgrün leuchtend hingegen unser Fluoron – eine weitere Mixtur zum Löten, die sich beim Erwärmen gemeinsam mit erwähnten Borax honigartig über unsere entstehenden Projekte schiebt. Ein perfekter „Deckmantel“ der so behäbig ist wie genial. Drumherum und an den Fingern indes vielerorts hauchfeiner Holzkohlenstaub. Typisch Lötplatz eben.


Unsere „Lötbühne“ für den gesamten Ablauf vorübergehend abzudunkeln ist einfach ein großartiger Tipp, weil es das Ganze zu einem farbenprächtigen Erlebnis macht. Bei Vorgängen in tieferen Schichten, wo das Ineinanderfließen der Metalle später seinen Höhepunkt erreicht, ist allerdings dann Schluss mit „Logenplatz“!
Beste Sicht dafür auf vereinzelt versprengte Lotstücke, die mittels Titanstab zurück an ihre ursprüngliche Stelle dirigiert werden, selbst wenn unsere Konstruktion bereits bedrohlichst glüht. Dass unser tapferer Kumpel aus Titan den ehrenvollen Ruf genießt, aus dem „Metall der Götter“ geschmiedet zu sein, gönnen wir ihm – alleine schon wegen seiner miserablen Eignung zum Wärmeleiter!

Löten, das ist kein „Persönlichkeitsding“ mit Raum für kreative Experimente!
Weniger Licht lässt auch die „richtige“ Flamme leichter finden. Etwas an den Reglern gedreht. Passt. Dann der suchende Blick nach unserem feuerresistenten Helfer, schließlich beginnt bald die heißeste Phase!
Fließendes Lot gleicht unter mystischem Licht winzigen Lavaströmen und verzaubert mit magischer Atmosphäre. Dazu tragen auch die zarten Rauchfahnen bei, die rechtzeitig den Blick freigeben, sobald das blinkende Lot in den Spalt eindringt und sich in feinste Zwischenräume ergießt.
Damit nicht das Ganze gleißend aufleuchtend „den Bach runtergeht“ nehmen wir die Temperatur an diesem Punkt unverzüglich und zugleich gefühlvoll zurück. Es ist ein fein dosiertes Handeln, das viele nach jahrelangem üben richtiggehend genießen.
Nach Ablegen des Lötrohres und brodelndem Eintauchen unserer Arbeit in Wasser ist kurz Entspannung angesagt – erkennbar auch am Anknipsen der Lampe, deren Strahlen unsere kleine Bühne augenblicklich wieder in deutlich weicheres Licht tauchen.
POLIEREN – hier ist nicht alles Gold, was glänzt!

Schon erstaunlich. Manchmal kann man sich den „profansten Dingen“ nicht entziehen – zumindest optisch. Lediglich ein Stein und etwas Metall, mehr nicht. Oder vielleicht doch? Der Infizierte sieht großzügige, gelungene Proportionen, einen verführerisch funkelnden Stein, und Reflexionen, die elegant von seiner makellosen Fassade perlen und jedem Glitzern noch ein kleines zartes „Pling“ aufsetzen.
Wie entsteht so eine Politur?
Oft bewirken ja schon raffiniert angewendete Schleiftechniken attraktive Oberflächen und lassen feine, teils wild angeordnete Linien unbeschwert über gewölbte Formen flirren. (Übrigens unsere Lieblingsoberfläche!)


Doch glänzen geht anders!
Passendes Schmirgelpapier ist schnell gefunden. Danach folgt altbewährtes. Wer dabei rechtzeitig zu Schleifbögen feinerer Körnung wechselt und zwischendurch zudem gerne auch mal die Zugrichtung ändert, bewegt sich schon mal auf sicherem Terrain.
Samtiger wirds dann mit speziellen, meist senfgelben Pasten in Form handlicher Klumpen und bestehend aus zermalmten kalkhaltigen Ablagerungen vom Boden der Ozeane – vermengt mit Fett.
Haftet erst mal genügend von der so richtig schön altmodisch nach feuchter Erde riechenden (und auch gerne an den Fingern klebenden) Paste auf den schleifenden Rundbürsten, zeigen sich auch schon bald erste schüchterne Glanzlichter, die in den umherwirbelnden Staub augenblicklich fantasievolle Muster zeichnen.
Später drängen dann immer mehr auftauchende Lichtpunkte durch den schlierigen Film und beginnen mit erstaunlicher Selbstsicherheit allmählich unser Spiegelbild zusammenzusetzen.

Ausgestattet mit flauschig weichen Wollrädern und faustgroßen Brocken Polierrot beginnt später der finale Kampf gegen letzte, spinnwebenähnliche Schleier. Enthaltene rostrote Eisenkristalle übernehmen hier dann praktisch den „Rest“. Alte „Cracks“ schaffen es dennoch, dass sämtliche zart gearbeiteten Elemente völlig unbeschadet bleiben.
Physikalisch geradezu verrückt an dieser Stelle, dass beim Polieren unserer Arbeiten tatsächlich ein „Fließen“ der Oberfläche stattfindet!
Halten wir unser Metall mit passendem Druck gegen die dabei etwas aufstöhnende Polierscheibe, wird es dort tatsächlich elastischer – und letzte „homöopathische“ Erhöhungen verfrachten sich in benachbarte Vertiefungen, bis alles spiegelt, als hätte man mit den Poliergöttern persönlich einen Pakt geschlossen.
Selbstverständlich erleben wir „Goldmenschen“ diese besonderen Momente auch bei Silber und Platin. Schließlich ist bei uns ja nicht immer alles nur aus Gold, was glänzt!
IMPRESSIONEN – der Versuch, etwas Authentizität zu vermitteln

Wenn moderne Designs und alte Techniken aufeinander treffen, ist Spannung praktisch vorprogrammiert. Ideen nehmen dann etwas „anders“ Gestalt an und materialisieren sich unkonventioneller zu konkreten Formen und Proportionen. Dennoch wollen auch sie alle akribisch entwickelt und erarbeitet werden.
Diese Vorgehensweise, dieses Ausschließen des Zufalls, muss erkennbar bleiben!
Uns unser Werkzeug zurechtzulegen, zählt zu unseren Ritualen – auch wenn wir mental bereits an aktuellen Wünschen arbeiten. Funktionale Überlegungen, Herstellungstechniken, Materialwahl, alles beeinflusst einander und muss erst noch in Einklang gebracht werden. Ausgereifte Stücke spiegeln dann die Freude und Hingabe wider, die wir investierten. Mal filigran, mal großzügiger – aber nie aufdringlich. Maximal etwas gewagter. (Grins)
Begegnen sich ein Goldschmied und ein Schmuckliebhaber, dann tun sie dies in einer anderen Welt – in einer mit Ringen, Ketten und Visionen, Diamantlupen und Skizzierstiften, ausgefallenen Konstruktionen, … und des ganz normalen Wahnsinns. Man versinkt in uferlosem Fachwissen und ist Teil von leidenschaftlich diskutierenden „Verrückten“. Es ist also ein Ort der Freude, vor allem für alle, die das „Außergewöhnliche“ suchen.

Goldschmiede, die sich der absoluten Qualität verschrieben haben, sind Überzeugungstäter mit großartigem Können und handwerklichen Geschick. Zusätzlich lassen sie sich von ihrer Fantasie beflügeln. Mit sehr viel Offenheit gegenüber Neuem treibt es sie oftmals ungeduldig ins Atelier, einen Ort an dem unweigerlich grelle Flammen lodern und es immer ein wenig nach Spiritusdämpfen und verbranntem Gas riechen wird.
