UNSERE WERKSTATT – ein Ort voller Geheimnisse?

Ein lässiges Verschließen der mit beißenden Säuren gefüllten Fläschchen fällt flach, außer man stört sich nicht an ihren unkontrolliert aufsteigenden Dämpfen. Dabei wirken sie so harmlos in ihren kleinen, dunkelbraunen Glasgefängnissen mit den dicht sitzenden Stöpseln.
Kurz zuvor noch blickten wir gebannt auf eine Schiefertafel mit aufgebrachten Metallstrichen und verschieden aufgetupften „Probiersäuretropfen“. Diese „Strichprobe“ verrät uns nämlich den Goldgehalt einer Legierung – und das sogar noch so richtig schön im Stile früherer Alchemisten. Zum Vervollständigen des eigenwilligen Eindrucks eignet sich hervorragend unser bogenförmiger Ausschnitt in der Werktischplatte mitsamt ihrem mittigen Keil aus hartem Buchenholz als weitere überaus feine Arbeitsfläche.
Als eigentliches Zentrum unserer „Bühne“ gilt jedoch die darin versenkte massive Eisenplatte, die sich weder vor glühenden Stücken noch vor irgendwelchen brutalen Schmiedearbeiten fürchtet. Ansonsten jede Menge kleines Werkzeug mit teils kuriosen Formen sowie geheimnisvolle Döschen und Schälchen. In greifbarer Nähe schließlich noch Lötrohr und Bohrinstrument, und unter allem ein weiches „Fell“, damit nichts Edles verloren geht.
Eigentlich alles äußerst ergonomisch.
So reduzieren sich erste Handlungen meist nur darauf noch unsere spezielle Beleuchtung in Position zu bringen – gleichzeitig hochoffizielles Signal für den Beginn eines kreativen Arbeitsprozesses!
KUPFER – unser einzig rotes Metall

Es hat als einziges eine ungewöhnlich rote Farbe, ist ausgesprochen geschmeidig, und darüber hinaus auch noch das allererste Metall, das Menschen überhaupt jemals bearbeiteten! Dass es sich in feuchterer Umgebung gerne mal mit einer giftgrünen Patinaschicht überzieht, betrachten wir gelassen – es betrifft uns nicht!
Nachdem andere Künstler bereits Großartiges aus ihm geschaffen hatten, begannen Goldschmiede es mit Gold zu mischen, was sehr gut ging. Wie sich Kupfer farblich auswirken würde, lag auf der Hand, nicht aber, dass es Legierungen auch härter machte. Ein Metall also mit großem Mysterium, und Bestandteil vieler sogenannter Legierungen – präzise berechneten Metallmischungen.
In der vor glühenden Metallen schwitzenden Werkstatt hängen hierfür wichtige Tabellen mit Karatzahlen und mathematischen Formeln zum Nachlesen genauer Anteile von reinen Edelmetallen in unseren penibel abgewogenen „Edelmetallcocktails“.
Schauen wir mal genauer hin.
FEINGEHALTE – und ihre unbestechlichen Aussagen

Wir lesen, dass reines 24-karätiges Gold einen Feingehalt von 1000 Promille besitzt. Zahlenmenschen ist damit sofort klar, dass 18-karätiges Gold eigentlich nichts anderes bedeuten kann als „750er“ und wir bei einem mit „14 Kt“ gestempelten Schmuckstück folglich „585er“ in den Händen halten. Es ist der gleiche Dreisatz, der aus dem einfachen 8-karätigen Gold das identische „333er“ werden lässt!
Nichts zu rechnen gibt es nur bei Double – also Messing, dem lediglich eine hauchdünne Folie aus Gold aufgeschweißt wurde.
Die Magie eines Schmuckstücks aus hochwertigem Gold ist nicht beliebig ersetzbar. Das funktioniert nicht. Ernsthafte Schmuckgestalter wählen deshalb stets Metalle vertrauter Farbe, sowie glaubwürdigen Gewichts. Und damit sich ihre Arbeiten auch später noch zweifelsfrei zuordnen lassen, wird gerne noch ein Emblem einpunziert – was zudem zeigt, dass sie sich zutiefst identifizieren mit ihren Werken!
GIEßEN – ein „heißer” Job

Manchmal verschwimmen die Bilder. Dazu tragen die zunehmend dichter werdenden Rauchschleier ebenso bei wie die stechend blaue Flamme, die auf eine bereits grell glühende Schale feuert. Dann endlich das Knistern sich ausdehnenden Eisens. Bereitwillig fließt das gleißende Edelmetall in das schwarz klaffende Maul der Metallform, während schnelle Hände dafür sorgen, dass in der Schmelze umherwirbelnde Bläschen nicht ebenfalls mit in den saugenden Strudel geraten.
Die flirrende Oberfläche des geschmolzenen Metalls erscheint dabei ebenso magisch, wie die beschwörend gemurmelten und fast wie Zauberformeln vorgetragenen Tipps – etwa, dass man seine brodelnde Schmelze während dieser kurzen Augenblicke nicht leichtfertig überhitzen sollte. Spröde Gussresultate kann nämlich niemand gebrauchen.
Zurückgekippte, dampfende Gussformen, von denen nur noch winzige Reste heißen Öls tropfen, sowie allmählich sich auflösende Rauchschleier signalisieren später verdiente Entspannung.
Neben eisernen Gussformen greift man gelegentlich auch mal zu Alternativen aus Gips oder Formsand. Wenige vielleicht sogar noch zu welchen aus Ossa sepia – dem alten, kernigen „Urgeruch der Goldschmiedekunst“. Diese Knochenschalen des Tintenfischs mit flüssigen Metallen zu konfrontieren, halten wir allerdings schon lange nicht mehr für eine gute Idee.
Nach Öffnen der Form wird klar, die nächsten Szenen werden bald von metallisch knarzenden Walzen und ähnlich schwerem Gerät geprägt sein, bevor es filigraner wird.